Tess Gunty: Der Kaninchenstall

Rezension von Janina Buschmann in der Kategorie Buchtipps

Folge dem weißen Kaninchen – mitten hinein in die Abgründe des modernen Amerika.

“Kaninchenstall” nennen die Einwohner von Vacca Vale das marode Wohngebäude, in dem die Protagonisten und Protagonistinnen dieser Geschichte leben. Auf engstem Raum zusammengepfercht leben im Kaninchenstall die unterschiedlichsten Leute: Eine Mutter, die die Augen ihres Babys fürchtet, ein altes Ehepaar, das einen Feldzug gegen die Nachbarn führt, eine stille Nachrufkontrolleurin, die Hass-Kommentare löscht und schließlich allen voran eine hochbegabte Schulabbrecherin, die Hildegard von Bingen verehrt und in einer WG mit drei Jungs lebt, die Tiere opfern. Das klingt alles erstmal ziemlich durchgeknallt – erzählt aber schlussendlich in geschickt ausgewählten Bildern und Metaphern von den Problemen in Amerikas “Rust Belt” Städten. Vacca Vale ist zwar eine fiktive Stadt, könnte aber genauso in Indiana existieren: heruntergekommen, wirtschaflich abgehängt und vergessen.

Wir folgen den einzelnen Figuren durch ihre Problemwelten, tauchen ein in Social-Media Kriege, Urbanisierung, Ökoterrorismus, Isolierung, Einsamkeit, Me-Too Debatte. Tess Guntys Debütroman ist gewiss ein gewagtes Stück Literatur und traut sich so einiges. Einziges Manko ist dabei, dass es manchmal ein bisschen zu viel wird. Der Versuch, so unterschiedliche und komplexe Themen in nur einem Roman abzuhandeln glückt nicht immer ganz, trotzdem ist “Der Kaninchenstall” auf jeden Fall lesenswert-und wer weiß, vielleicht ist die Unübersichtlichkeit und Überfüllung ja genau das, was uns ein Buch mit dem Titel “Kaninchenstall” vermitteln will.

Übersetzt von Sophie Zeitz.

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