Germana Fabiano: Mattanza

Rezension von Janina Buschmann in der Kategorie Buchtipps

Die Geschichte einer Insel, die mit aller Macht an ihren Traditionen festzuhalten sucht – und doch der zerstörerischen Kraft der Moderne nicht entfliehen kann.

“Mattanza” ist italienisch für “Abschlachten” – und bezieht sich auf die uralte traditionelle Thunfischjagd, die vor den Küsten Siziliens und Sardiniens betrieben wird. Oder vielmehr, die betrieben wurde. Denn durch das Abfischen internationaler Fischfangflotten erreichen immer weniger Thunfische überhaupt ihre Laichgründe und damit die Netze der Fischer, für die sie seit Jahrhunderten die Lebensgrundlage darstellen.

Unsere Geschichte spielt auf der Insel Katria, die im kollektiven Gedächtnis der Inselbewohner schon immer vom Thunfischfang gelebt hat. Das gesamte Leben und der Jahreszyklus der kleinen Dorfgemeinschaft richtet sich nach der Mattanza, die einmal im Jahr stattfindet und vom Oberhaupt der Insel, dem Raìs, angeführt wird. Niemand auf Katria weiß mehr, warum die Familie des Raìs diese Rolle innehat, aber sie wissen mit Sicherheit, dass der nächste Raìs immer ein Nachkomme derselben Familie sein muss. Natürlich ein männlicher Nachkomme. Als entgegen aller Hoffnungen ein Mädchen geboren wird, muss sie beweisen, dass sie auch als Frau die Traditionen bewahren kann. Doch die moderne Welt macht auch vor Katrias heiligen Traditionen nicht halt, und bald stellt sich nicht nur Katrias erstem weiblichen Raìs, sondern auch der ganzen Dorfgemeinschaft die Frage, wie weit sie zur Bewahrung ihrer Traditionen zu gehen bereit sind.

Mit “Mattanza” tauchen wir ein in eine uralte Welt, die vom Aussterben bedroht ist. Und die sich mit aller Macht gegen ihren Untergang wehrt. Mit einer lebendigen, malerischen Sprache entführt uns Germana Fabiano in das Leben einer Dorfgemeinschaft, die so untrennbar mit dem Meer verbunden ist, dass sie manchmal fast zu einem Wesen zu verschmelzen scheinen. “Mattanza” hat mich gefesselt, begeistert und tief berührt. Ein kleines literarisches Juwel, das man nicht mehr vergessen kann.

Übersetzt von Barbara Neeb und Katharina Schmidt.

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