Joana Osman: Wo die Geister tanzen

Rezension von Carola Nikschick in der Kategorie Buchtipps

Eine beeindruckende Geschichte voller Mitgefühl und Menschlichkeit, Respekt und Humor.

“Wo die Geister tanzen” ist Joana Osmans persönliche Geschichte, die Geschichte ihrer eigenen Familie, die mit einem Anruf ihrer Cousine mitten in der Nacht, sechs Notizbüchern in einer Keksdose und der Frage, was wissen wir eigentlich über unsere Familie beginnt.

Siebzig Jahre nachdem ihre Großeltern Sabiha und Ahmed ihre Heimat verlassen mussten, stehen Joana und ihre Cousine Zeynep im Hafen von Jaffa und begeben sich auf Spurensuche. Die Geschichte von Sabiha und Ahmed beginnt in den 1930er-Jahren in Jaffa. Ahmed eröffnet ein Kino, ihre Söhne werden geboren und zu ihren jüdischen Nachbarn haben sie ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Ihr Leben verändert sich gravierend, als die Briten das Mandatsgebiet Palästina verlassen und 1948 der Staat Israel gegründet wird, und sie den ersten arabisch-israelischen Bürgerkrieg erleben. Kurze Zeit später muss die Familie vor den Hagana-Truppen aus Israel in den Libanon fliehen. Eine Odyssee beginnt. Sie leben in schrecklichen Behausungen, leiden Hunger, kämpfen gegen Not und Verzweiflung und doch sie verlieren nie die Hoffnung.

Jana Osman erzählt vom Leben ihrer Familie zwischen Flucht und Vertreibung, dem ständigen Kampf ums Überleben und der großen Sehnsucht nach ihrer Heimat Palästina. Eine Geschichte, die aus vielen kleinen Erinnerungsbruchstücken zusammengesetzt, die gleichzeitig die Geschichte vieler Menschen erzählt, die aufgrund von Kriegen ihre Heimat verlassen mussten. Menschen, die über Generationen mit ihren Erinnerungen und Traumata kämpfen und leben.
Absolut respektvoll beschreibt sie den Nahost-Konflikt, der über 700 000 Palästinenser zur Flucht veranlasste, von denen heute noch viele staatenlos in Flüchtlingslagern in arabischen Anrainerstaaten leben und das bereits in dritter und vierter Generation. Aber auch die Erleichterung der Juden spüren lässt, die einen eigenen Staat bekommen haben und damit die Hoffnung, endlich in Sicherheit vor Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung zu sein.

In einem Interview sagt Joana Osman: „Ich lebe in einer Bubble, in der sich Israelis und Palästinenser mögen. Ich spreche bewusst sehr viel über diese Realität. Weil das viel zu wenig gesehen wird, dass sich Juden und Muslime oder Israelis und Palästinenser, dass sie sich mögen können, dass sie miteinander arbeiten können, dass sie miteinander gemeinsam für Frieden demonstrieren können“. Und damit diese Community wächst, hat Joana Osman „die Peace Factory“, mitgegründet, eine Social Media Bewegung, die im Nahen und Mittleren Osten Brücken schlagen will und vielleicht und hoffentlich Israelis und Iraner*innen zusammenbringt.

Unbedingte Leseempfehlung!

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