Louise Kennedy: Übertretung

Rezension von Christiane Hoffmeister in der Kategorie Buchtipps

“In Belfast ist eine Bombe hochgegangen”, sagt er.
“Das sagt er jeden Tag”, rief Jonathan, der neben ihm saß.
Recht hat er, denn 1975 gehen in Belfast jeden Tag die Bomben hoch, werden Menschen erschossen oder verprügelt. So wundert es nicht, dass Sprengfalle, Brandsatz, Plastiksprengstoff zum gebräuchlichen Wortschatz der siebenjährigen Kinder gehört, die Cushla Lavery unterrichtet. Sie selbst ist Lehrerin an einer Schule, lebt mit ihrer alkoholabhängigen Mutter Gina zusammen und arbeitet nebenbei in der Kneipe ihres Bruders Eamonn. Eine katholische Familie, die versucht, an einem Ort, der protestantisch geprägt ist, zurechtzukommen. Nicht einfach, denn Übertretungen können Folgen haben. Das merkt auch Cushla, als sie sich für Davy, einen ihrer Schüler einsetzt. Er kommt aus einer konfessionell gemischten Ehe, was hier noch schlimmer zu sein scheint, als “nur” Katholik zu sein. Davy und seine Familie sind den Repressalien der Nachbarn und Mitschülern ausgesetzt. Als der Vater so schwer verprügelt wird, dass er nicht mehr arbeiten kann, versucht Cushla zu helfen. Aber nicht nur das. Sie verliebt sich in den Anwalt Michael Agnew. Er ist Jahre älter, er ist verheiratet und er ist Protestant. Darf das sein, in einem Land, das so von Gewalt geprägt ist, In dem jede Übertretung bestraft wird ? Louise Kennedy zeigt uns in ihrem Debütroman, was mit Menschen passiert, die ein Leben leben, das von Angst und Traumata geprägt ist. Gleichzeitig ist dieses Buch aber auch eine Liebesgeschichte und ein Aufruf zur Gegenwehr.
Ein wunderbarer politischer Liebesroman, der das Geschehen so präzise erzählt.

Aus dem Englischen übersetzt von Claudia Glenewinkel und Hans-Christian Oeser.

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