Ein beeindruckendes Debüt, das unter die Haut geht und noch lange nachhallt.
Kiara lebt alleine mit ihrem älteren Bruder Marcus in einem heruntergekommenen Apartment in East Oakland, Kalifornien. Ohne Eltern und ohne schulischen Abschluss müssen die Geschwister sich alleine irgendwie durchschlagen. Das Geld reicht hinten und vorne nicht, und während Marcus vom großen Durchbruch als Rapper träumt ist Kiara diejenige, die verzweifelt versucht, irgendwie an einen Job zu kommen. Nicht nur, um sich und ihren Bruder durchzubringen, sondern auch für den Nachbarsjungen Trevor, dessen drogenabhängige Mutter ihn vernachlässigt und um den Kiara sich kümmert, als wäre er ihr eigener kleiner Bruder. Doch niemand will einer minderjährigen Schulabbrecherin einen Job geben. Und so beginnt Kiara, das Einzige zu verkaufen, was sie noch hat: Ihren Körper. Mit dem verdienten Geld kann sie sich und ihre kleine Familie gerade so über Wasser halten. Als sie dann jedoch als Zeugin in einem Skandalprozess gegen die lokale Polizei aussagen soll, gerät Kiara in das Visier von Männern, die ihr Leben gänzlich zerstören könnten.
Was für eine Wucht. Das ist alles, was ich eigentlich zu diesem Buch sagen möchte. Leila Mottley erzählt die Geschichte einer mutigen, vom Schicksal gebeutelten jungen Frau und ihrem Kampf ums Überleben in der untersten Schicht der amerikanischen Gesellschaft. Es ist eine Geschichte über strukturellen Rassismus, Machtmissbrauch und die Ausbeutung junger Frauen. Nachtschwärmerin ist ein Buch, das einen atemlos und mit einer bodenlosen Wut im Bauch zurücklässt. Man weiß nicht, ob man beim Lesen am Liebsten schreien oder weinen möchte. Die Ungerechtigkeit von Kiaras Schicksal hat mich erschüttert und noch lange nach Ende des Buches nicht losgelassen. Vor allem, weil Kiaras Geschichte kein Einzelfall ist und noch dazu auf einem wahren Fall von 2015 beruht. Ein wichtiges, emotionales und bewundernswertes Erstlingswerk einer Autorin, von der ich hoffentlich in Zukunft noch mehr lesen darf. Lesen, lesen, lesen!
Übersetzt von Yasemin Dinçer.