Laura Cwiertnia: Auf der Strasse heissen wir anders

Rezension von Carola Nikschick in der Kategorie Buchtipps

Ein Brückenschlag von Deutschland nach Armenien.

Karlotta, von allen Karla genannt, Tochter einer deutschen Mutter und eines armenischen Vaters, wächst am Rande einer Großstadt in einer Hochhaussiedlung auf. Hier leben viele Familien mit Migrationshintergrund. Und die meisten Kinder kennen die Geschichten und Heimatländer ihrer Eltern und Großeltern. Karla hingegen weiß zwar, dass sie armenische Wurzeln hat, ihre Familie aus Istanbul stammt und ihre Großmutter Maryam Anfang der 60er als Gastarbeiterin nach Deutschland kam, aber das ist schon fast alles. In ihrer Familie wurde nie viel über die Vergangenheit gesprochen und auch ihr Vater Avi hat, wenn überhaupt nur kleine Geschichten aus seinem Leben preisgegeben. Karla hütet diese wenigen Erinnerungen aus seiner Vergangenheit wie kleine Kostbarkeiten.
Als ihre Großmutter Maryam stirbt, hinterlässt sie Karla ein ganz besonderes Erbe, einen goldenen Armreif mit einem rissigen und fleckigen Zettel, auf dem ein Name und ein Ort zu lesen sind, Lilit Kuyumcyan, Yerevan, Armenien. Niemand in der Familie kennt diesen Namen.
Karla will Lilit unbedingt suchen und nutzt die Gelegenheit, um ihren Vater zu einer Reise nach Armenien zu überreden.
Es wird eine Reise in ein für beide fremdes Land, in dem ihr Vater zum ersten Mal seine Heimat entdeckt und die Spurensuche nach Lilit sie weit zurück in die Vergangenheit ihrer Familiengeschichte bis zu Karlas Urgroßmutter und dem Völkermord an den Armeniern führt.
Laura Cwiertnia verwebt die Geschichten über vier Generationen einer Familie mit Orten und Geschehnissen und verbindet die Gegenwart mit der Vergangenheit und zeigt, dass familiäre Trauma, entstanden durch Verfolgung, Vertreibung und Gewalt immer an die nächste Generation weitergegeben werden und aufgearbeitet werden müssen für einen Weg in die Zukunft.
Auch wenn „Auf der Strasse heissen wir anders“ ein autofiktionaler Roman ist, finden sich einige Parallelen zu Laura Cwiertnias eigenem Leben. Sie selbst ist Tochter eines armenischen Vaters und einer deutschen Mutter und ihre Großmutter kam als Gastarbeiterin in den 60ern nach Deutschland. Und gemeinsam mit ihrem Vater hat sie auch eine Reise nach Armenien unternommen.

In einer einfühlsamen und leichten Sprache erzählt sie uns von der Suche einer jungen Frau nach ihren Wurzeln und der großen Sehnsucht dazuzugehören, ein Zuhause und Heimat zu finden.
Ein Debüt, dem hoffentlich noch weitere spannende Geschichten folgen.

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