Wie empfiehlt man eine Geschichte, die einem selbst unter die Haut gegangen ist, die ein unsagbar schwieriges und wichtiges Thema behandelt? Gewalt gegen Frauen – Gewalt in der Familie. Eine Geschichte, die absolut lesenswert ist, berührend und bildgewaltig, auf die man sich aber einlassen wollen muss.
„Die Nacht der Bärin“ von Kira Mohn ist genau so eine Geschichte.
Jule, eine junge Frau, wurde von ihrem Freund während eines Streits misshandelt. Verletzt, schockiert und verunsichert flieht sie zu ihren Eltern. Ihr sicherer Ort – hier muss sie nichts erklären.
Dann erhält Jules Mutter die Nachricht, dass ihre eigene Mutter verstorben ist – Jules Großmutter. Jule kennt ihre Großmutter nicht. Grußkarten zu Weihnachten und Geburtstag, mit einem Geldschein – mehr war da nicht. Aber die Fassungslosigkeit ihrer Mutter macht Jule stutzig, sie möchte mehr über ihre Großmutter wissen. Und sie überredet ihre Mutter, noch einmal in das Haus der Familie zu fahren. Nur zögerlich erzählt ihre Mutter, die Erinnerungen wiegen schwer, aber Jule will – muss herausfinden, was damals geschehen ist.
In Rückblenden erfahren wir von der Kindheit der Mutter, dem tyrannischen Vater, der mit Angst und Gewalt seine Familie beherrscht hat, der seine Frau mit aller Macht gebrochen hat, dass sie vor Angst erstarrt ist. Wie Kira Mohn das in Worte fasst, was so unfassbar ist – ist so packend, traurig, beeindruckend und bewegend zugleich.
Es ist einfach zu sagen – passiert mir so etwas, dann bin ich sofort weg. Aber die Zerstörung einer Frau, einer Familie, das ist oft ein langer und schleichender Prozess, der mit Demütigungen, Drohungen und Macht das Selbstwertgefühl zerstört, Angst und Scham erzeugt und die Betroffenen lähmt, bis…
Alles hat doch einmal in Liebe angefangen und dann ist da nur noch Angst und Schmerz.
Für mich eine unsagbar beeindruckende Geschichte mit einer leisen Sprache, beinah Vorsicht erzählt, aber doch intensiv.