Es liest sich fast wie ein Märchen, aber nur fast!
Ein außergewöhnlicher Teppich dort hineingeknüpft Fische, Seesterne, Wellen, Möwen, Anker, Stranddisteln, ein Meeresmuseum, “Eine Miniaturunterwasserwelt – viele Faden tief.” und Mia hat diesen Teppich gerade vor Augen. Sie ist Faserarchäologin, Expertin für Stoffe und Gewebe an der Universität Greifswald. Ihr Leben verläuft in sehr geregelten Bahnen, es ist quasi „generalberuhigt“. Um ihrer Vergangenheit zu entkommen, hat sie sogar ihren Namen geändert. Alles könnte so bleiben, doch eines Tages legt ihr ein Kollege diesen sehr besonderen Teppich auf den Schreibtisch. Es soll sich um einen pommerschen Fischerteppich handeln, einen “Perser der Ostsee”. Mias Neugier ist geweckt. „Hier war das ganze Repertoire der Fischerteppiche verknüpft worden. Ein Mustermuseum hatte sie hier vor sich. Ein fantastisches Meeresmuseum noch dazu. Und sie die einzige Besucherin.“ Sie findet eine Signatur, einen Namen „Nina“, der sich im Rand des Teppichs verbirgt und eine Spur, die sie zunächst nach Zagreb in eine alte Werkstatt führt. Diese Reise und Spurensuche, um hinter das Geheimnis des Teppichs zu kommen und Ninas Geschichte zu erfahren, wird ihr Leben durcheinanderwirbeln.
Kunstvoll verknüpft Karin Kalisa in „Fischers Frau“ Erfundenes und Historisches mit den Lebenswegen zweier Frauen zu einer spannenden Geschichte über die pommerschen Fischerteppiche.
Als 1928 den Fischern an der südlichen Ostsee ein dreijähriges Fischfangverbot auferlegt wurde und das Leben der Fischer und ihrer Familien von Armut und Arbeitslosigkeit bedroht war, engagiert der Greifswalder Landrat den österreichischen Textilfachmann Rudolf Stundl. Er bringt den Fischer:innen in Freest und Lubmin das Teppichknüpfen und Entwerfen eigener Muster bei. Und die Teppiche werden europaweit zum Verkaufsschlager. Später, als die Nazis die Macht ergriffen haben, wurde die pommersche Volkskunst einfach als uralte nordische Tradition vereinnahmt.
Eine Geschichte, die mich mit ihrer bildhaften Sprache, ihren Sätzen, die wie komponiert scheinen, absolut begeistert hat.
Eine ganz große Leseempfehlung.