Fünfundreißig Jahre Leben, drei Schwestern, ein Autor, der ihre Leben immer wieder kreuzt, erzählt auf über siebenhundert Seiten.
In „Die Schwestern“ erzählt Jonas Hassen Khemiri die Geschichte von Evelyn, Ina und Anastasia – den Mikkola Schwestern. Als der Erzähler Jonas (wo die hier die Biografie des Autors aufhört und das Fiktionale beginnt, bleibt offen) noch ein Kind ist, ziehen die Mikkola Schwestern mit ihrer Mutter in das Viertel, in dem auch Jonas mit seinen Eltern lebt. Sofort ist er fasziniert von ihnen- denn auch sie haben halb schwedische, halb tunesische Wurzeln, genau wie er. Über eine kurze Freundschaft zu Evelyn hinaus entwickelt sich die Beziehung zwar erstmal nicht, aber über die nächsten 35 Jahre hinweg kreuzen sich ihre Wege immer wieder. Jonas kämpft vor allem mit dem schwierigen Verhältnis zu seinem Vater, der die Familie verlässt und zurück nach Tunesien geht, während die Mikkola Schwestern keine einfache Beziehung zu ihrer Mutter haben. Die ist nämlich der festen Überzeugung, dass ein Fluch auf Ihnen lastet: Alles, was sie lieb gewinnen, sollen sie wieder verlieren. Um dem Fluch zu entkommen bleibt sie nie lange an einem Ort, zwingt die drei Schwestern ständig zum Umzug und vermutet hinter jeder Ecke die nächste Verschwörung. Wie dieser Wahn das Leben der drei Schwestern prägt und wie sich die Beziehung zwischen Ihnen über die Jahre hinweg verändert – das ist einer der Kernpunkte dieses groß angelegten Familienromans. Die Perspektive wechselt dabei ständig, mal begleiten wir Jonas, mal Ina, mal Anastasia, mal Evelyn. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und jeder hat seine ganz eigene Sicht auf die Ereignisse, die ihre Leben prägen.
Mit langen Bandwurm-Sätzen zieht uns Khemiri direkt hinein in den Gedankenstrom seiner Figuren. Ein Gefühl jagt das nächste, unablässig drehen sich die Gedanken, mal hierhin, mal dorthin. Das hat einen ganz eigenen,tollen Sound, der einen so richtig in die Geschichte abtauchen lässt. So fliegen die Seiten nur so dahin, und früher, als es einem lieb ist, muss man den Kosmos der Mikkola Schwestern schon wieder verlassen. Ein toller Roman für alle, die sich nicht von der Dicke eines richtigen Schmökers abschrecken lassen.
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