„Hoffen und harren macht manchen zum Narren“
Shuggie Bain ist kein Narr, aber er liebt seine Mutter. Eine verzweifelte und so hoffnungslose Liebe, denn Rettung gibt es nicht.
Anfang der 80er-Jahre lebt der 5-jährige Shuggie mit seiner Mutter Agnes, seinem Vater Shug und seinen beiden Stiefgeschwistern in einem heruntergekommenen Arbeiterviertel in Glasgow. Shug, für den Fußball, Kraft und Potenz einen ganzen Mann ausmachen, kann mit seinem zarten, weichen Sohn Shuggie nichts anfangen. Seiner wunderschönen Frau Agnes, die immer mehr dem Alkohol verfällt, scheint er nie zu genügen und die zwei anderen Kinder tragen zwar seinen Namen, doch sind sie nicht von ihm. Shug verlässt die Familie und der komplette Verfall Agnes beginnt. Noch klammert sie sich an jeden Zipfel der Zuneigung und erniedrigt sich bis ins Unerträgliche, doch dann kann nur noch der Alkohol sie „retten“. Ihre äußerlich Fassade steht, immer gut gekleidet, immer tadellos frisiert, doch innerlich bricht sie auseinander. Shuggies Schwester verlässt die Familie, sein Bruder zieht sich immer mehr in sich zurück und so bleibt es an Shuggie hängen, sich um seine Mutter zu kümmern. Nie weiß er, was ihn erwartet, wenn er von der Schule nach Hause kommt. Geschrei, Heulerei oder ein Selbstmordversuch. Shuggie muss hungern, weil das Geld lieber für Alkohol ausgegeben wird. Doch er tanzt für sie, er pflegt sie, er kümmert sich und wird ihr doch nie wirklich helfen können. Kurzzeitig gibt es einen Lichtblick, der ihn wieder hoffen lässt, doch auch der ist nur von kurzer Dauer. Ein ewiger Kreislauf, die schlimmste Form von Co-Abhängikeit, die Shuggie nie zu sich selbst finden lassen wird.
Ich habe mit Shuggie gehofft und gelitten und mir immer gewünscht, dass er irgendwann die Kraft und einen Weg in die Freiheit finden wird, um Agnes zu verlassen.
Douglas Stuart wurde für dieses Debüt 2020 mit dem Booker Preis ausgezeichnet. Wir können uns alle nur wünschen, dass da noch weitere Bücher folgen.
Aus dem Englischen übersetzt von Sophie Zeitz.