Alles ausschalten!
Das war mein erster Gedanke beim Lesen von “Every”, dem neuen Roman von Dave Eggers. Eine Distopie, die aber in einigen Ansätzen schon Wirklichkeit geworden ist. Stellen Sie sich vor, die größte Onlineplattform und die größte Suchmaschine fusionieren. Das Ziel ist die totale Kontrolle. Was wir tun, wohin wir gehen, was wir sagen, alles wird gesichtet. Und nicht nur das, es wird auch alles bewertet. So entsteht ein System aus Scham, Schuld und Denunziation. Mitschuldig sind wir alle, denn mit einer Selbstverständlichkeit wird jede neue App heruntergeladen. Delany und ihr Freund Wes möchten diese Firma infiltrieren und lassen sich als Systementwickler anwerben. Ihre Hoffnung ist, durch die Erfindung immer absurderer Apps die Menschheit zum Aufwachen und zum Widerstand zu bewegen. Es wird Dir gesagt, ob dir dein Essen schmeckt, ob dein Gegenüber lügt, wann du etwas trinken musst und dein CO2 Fußabdruck wird permanent überwacht. Alles wird scheinbar objektiv bewertet und eine eigene Entscheidung ist nicht mehr notwendig. Doch weit gefehlt, die Menschen scheinen sich fast nach dieser Kontrolle zu sehnen. Every hilft ihnen alles richtig zu machen und gibt ihnen eine vermeintliche Sicherheit. Natürlich überzieht Dave Eggers gnadenlos, aber haben Sie noch die Wetter- App genutzt, bevor sie überhaupt aus dem Fenster gesehen haben? Sich Bewertungen von Filmen, Bücher, Restaurants im Internet angesehen und danach entschieden? Dieses Buch hat sicherlich ein paar Längen, aber es macht auch nachdenklich. Ich habe zumindest ein paar Apps gelöscht und zähle ab sofort keine Schritte mehr. Und wenn ich wissen möchte wie das Wetter wird, dann schaue ich aus dem Fenster.
Aus dem Englischen von Klaus Timmermann und Ulrike Wasel übersetzt.