Alina Bronsky: Barbara stirbt nicht

Rezension von Christiane Hoffmeister in der Kategorie Buchtipps

Mein Gott Walter.

Dieser Gedanke schleicht sich während des Lesens permanent ein. Denn an Walter Schmidt könnte man wirklich verzweifeln. Dieser Mann ist sexistisch, rassistisch und völlig unfähig, sich auf die Bedürfnisse anderer Menschen einzulassen. Jede Äußerung seinerseits grenzt schon fast an eine Beleidigung. Seit 52 Jahren ist er mit seiner Frau Barbara verheiratet und das, so scheint es anfangs zumindest, auch nur, weil ein Kind unterwegs war. Von Liebe keine Spur. Barbara ist eher der Gummibaum in der Ecke, um den man sich kaum kümmern muss. Sie kocht, putzt, kümmert sich um die Kinder, denn das ist alles Frauenkram und ganz bestimmt nichts für Walter. Aber dann erkrankt Barbara. Woran, das lässt Alina Bronsky in ihrem Buch offen. Wir und auch Walters gesamtes Umfeld ahnen es natürlich. Nur Walter will es nicht wahrhaben. „Barbara stirbt nicht“, wenn man einfach nicht darüber spricht und wenn sie anständig isst. So beginnt Walters Wandlung. Der Mann, der nie einen Fuß in die Küche gesetzt hat, beginnt zu kochen. Zuerst nur aufwärmen, doch so nach und nach und mit Hilfe dieses Internets gelingen ihm dann auch richtige Mahlzeiten. Auch zu anderen Menschen muss er in Kontakt treten, muss Unterstützung annehmen. Das alles hat schon viel Komik. Doch letztendlich sieht man einen alten Mann, der aus seiner verschrobenen Welt nicht ausbrechen kann, der es nie gelernt hat, Nähe und Zärtlichkeit zuzulassen. Der jetzt Barbaras Hand nehmen kann und sieht, wie schön sie ist. Jetzt, wo es zu spät ist, merkt er was er versäumt hat.

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